Autoren: Alexander Kelbch, Sebastian Brune

Wettervorhersage und Reanalysen

Eine der Hauptaufgaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist die Erstellung und Verbreitung von Wettervorhersagen. Auf eigenen Hochleistungsrechnern entwickelt und betreibt der DWD komplexe numerische Modelle zur Berechnung von globalen und regionalen Wettervorhersagen.
Aktuell wird das nicht-hydrostatische Prognosemodell ICON mit verschiedenen Gitterabständen für die globale, die europäische (ICON-EU) sowie die regionale (ICON-D2) Skala im operationellen Betrieb eingesetzt. Um die Vorhersagen dieser numerischen Modelle möglichst nah an dem wahren Zustand der Atmosphäre zu halten und so die Genauigkeit der Prognosen zu verbessern, werden in kurzen Abständen (1-3 Stunden) neue Anfangszustände für die Vorhersageläufe erzeugt. Diese Anfangszustände, die sogenannten Analysen, basieren auf der letzten Vorhersage, die mit Hilfe von Beobachtungsdaten an den wahren Zustand angepasst werden (Assimilation). Diese Analysen stellen also eine Kombination aus der Modellsimulation und den Beobachtung dar. Diese Analysen können auch für die Erstellung von Wetterkarten, die Forschung oder die Berechnung abgeleiteter Größen verwendet werden. Zu diesen Zwecken werden die Analysen archiviert. Allerdings entwickeln sich die numerischen Modelle ständig weiter, sodass sich auch die Charakteristik der Analysen ändert. Folglich stellen diese so keine zeitlich konsistente Zeitreihe dar, die zur Untersuchung und Beantwortung von klimatologischen Fragestellungen verwendet werden kann. Für diese Anwendungen werden so genannte Reanalysen (retrospektive Analysen) erzeugt, d.h., die Analysezustände werden mit Hilfe des aktuellen Modellsystems (numerisches Modell und Assimilationsschema) für einen vergangenen Zeitraum neu gerechnet. Reanalysen sind daher bis auf Variationen im Beobachtungssystem auch zeitlich konsistent. Globale (z.B. ERA5) sowie regionale Reanalysen (COSMO-REA6 des DWD) sind inzwischen stark nachgefragte meteorologische Produkte beispielsweise in der Forschung oder dem Energiesektor.

Was bieten die FAIR-Daten

Das FAIR-Projekt verfolgt zwei wesentliche Ziele. Zum einen sollen meteorologische Datensätze des DWDs potenziellen Anwendern leichter zugänglich gemacht werden, um den Nutzen dieser hochwertigen Daten für die Gesellschaft zu erhöhen. Zum anderen erhält der DWD über die FAIR-Partner zusätzliche Beobachtungsdatensätze, die dem Wetterdienst bisher nicht zur Verfügung stehen. Diese Daten umfassen unter anderem Mastbeobachtungen (Temperatur, Wind, Luftdruck), Daten der Landoberflächentemperaturen aus MODIS-Daten (Satellit), Messungen der Windgeschwindigkeit mittels Lidaren sowie Smartphone-Daten für den Luftdruck. Basierend auf den teils langen Zeitreihen der Beobachtungsdaten soll deren Potenzial zur Verbesserung der Wettervorhersage- sowie Reanalyseprodukte des DWD untersucht werden (Feedback-Loop).

Entwicklung eines statistischen Modells für die Windgeschwindigkeit

Die dem DWD bereitgestellten Windmessungen können beispielsweise genutzt werden, um die bestehende regionalen Reanalyse COSMO-REA6 zu verbessern. Im ersten Schritt werden dazu die Messungen mit der Reanalyse verglichen (https://www.fair-opendata.de/allgemein/validierung-von-dwd-produkten-mittels-baywa-winddaten/). Basierend auf diesen Erkenntnissen wird ein statistisches Modell aufgesetzt, welches die modellierte Windgeschwindigkeit der Reanalyse wesentlich verbessert. In das statistische Modell gehen neben den Reanalyse-Winden und den FAIR-Messdaten auch weitere Parameter, wie beispielsweise die atmosphärischen Stabilität sowie lokale Charakteristika (z.B. Topographie, Rauigkeit) ein. Grundlage für das statistische Modell kann beispielsweise ein generalisiertes lineares Modell oder ein künstliches neuronales Netz sein. Ziel ist es in beiden Fällen, einen Datensatz zu generieren, der näher an dem wahren Zustand (repräsentiert durch Beobachtungen) liegt.

Ein Schlüssel dafür ist vor allem die horizontalen Auflösung des Windfeldes, die in COSMOREA6 bei rund sechs Kilometern liegt. Durch Anwenden eines dynamischen Windmodells können zunächst Auswirkungen kleinräumiger orographischer Strukturen wie Beschleunigungen des Windes in Tälern oder das Überströmen von Bergen realitätsgetreuer abgebildet werden, was die Grundlage für das statistische Modell wesentlich verbessert. Dies ermöglicht wiederum eine genauere Ableitung des Windertragspotentials, welche für den Energiesektor von großer Bedeutung sind (Feedback-Loop).